#1

Zimmer von Annie

in Mädchen 07.10.2013 16:51
von Eleonor Brisbane • 129 Beiträge
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#2

RE: Zimmer von Annie

in Mädchen 08.10.2013 00:48
von Eleonor Brisbane • 129 Beiträge

Ab diesem Moment fühlte sich Anne mehr wie ein Zuschauer ihres eigenen Lebens, als wäre sie auf der Wiese weiter hinten tatsächlich gestorben und blickte auf eine Welt hinab, wie sie anders hätte exestieren können. Ein Zuschauer auf der anderen Seite der Leimwand – sie konnte beinahe das Popcorn auf ihrer Zunge schmecken und wusste ab diesem Moment, dass sie dabei war, ihren Verstand zu verlieren.
“Anne?“ flüsterte Jenna zum tausendsten Mal während dieses Filmes in ihr Ohr. Der Vampir schlich sich gerade an sein Opfer heran, leise ertönte Musik versuchte, Spannung aufzubauen. Jennas Worte hatten diesen Aufbau nicht nur für Anne, sondern auch für die Menschen direkt neben, vor und hinter ihr ruiniert. Die zwölfjährige Version Annies, mit blonden Zöpfen an jeder Seite und in einer Strickjacke, in der sie unterging, grinste die Mädchen vor ihnen an, die sich genervt zu Jenna umdrehten. Jenna beachtete sie gar nicht, fasziniert stopfte sie sich erneut Popcorn in ihren Mund. „Dieser Moment ist wichtig. Man darf nicht schreien, wenn du die Reißzähne des Vampir siehst.“ flüsterte sie mit einer Ernsthaftigkeit, als wäre die Szene aus dem Kinofilm real. Doch sie hatte Anne schon längst gefangen und verwirrt blickte sie zu ihrer besten Freundin. „Warum denn nicht? Er will sie töten . . . ich würde mich auch erschrecken.“ Doch das brünette Mädchen neben ihr schüttelte den Kopf, während sie weiter auf die Leimwand sah. Sie nahm alles immer so bitter ernst. „Aber das ist falsch.“ versuchte sie Annie, wie einem Kleinkind, klar zu machen. „ Das erwartet er doch. Er ist gefährlich, er hat es schon tausend Mal gemacht. Nach dem Schrei beißt er zu – das weiß er. Um zu überleben, musst du ihn überraschen.“ Annie runzelte ihre Stirn. „Überraschen? Womit denn?“ - Jenna hatte diese Frage erwartet und grinste.
„Wenn ich überleben wollen würde, so wirklich . . . dann würde ich ihn einfach küssen.“

Der Weg ging in gepflastertes Stein über, sie hatten ein Gebäude betreten, selbst die leisen Schritte der Wachen hinter ihnen hallten in den Räumen um sie herum. Endlos schien der Weg aus diesen Gemäuern, keinen Weg, den sie hätte finden können. Also konzentrierte Anne sich auf die Hand an ihrem Arm, unglaubliche Wärme, die sie durchströmte – das einzige, an dem sie sich gerade festhalten konnte. Sie zwang sie, jeden Schritt einzelnd zu machen, nicht stehen zu bleiben oder gar durchzudrehen und weg zu laufen. Das würde sie umbringen.
Verwundert nahm sie die Tatsache an, dass sie sich dessen so sicher war – sie würde sterben. Sie war im Begriff zu sterben. Wie lange und warum Jason ihr Leben verlängert hatte, wusste sie nicht, doch auch er konnte die Tatsache nicht verhindern, dass sie kein willkommener Gast war, in Wänden, von denen sie nicht glaubte, dass sie für ihre Augen bestimmt waren. Der rotäugige Mann konnte nicht der einzige sein, der sie tot sehen wollte. Dafür brauchte Annie keinen Grund, sie musste jetzt nicht wissen warum. Alleine das Wissen reichte aus, um in ihrem perplexen Kopf sich damit abzufinden, es abzunicken und anderen Feinden gegenüber zu stehen. Ihr Körper reagierte automatisch auf Instinkt. Und so ging sie, mit einem Blick, der gewissenhaft und alles andere als ängstlich wirkte, lief sie neben Jason die Stufen hinauf, immer konzentriert auf die Warme Hand an ihrem Arm, Wärme, die sich durch den Stoff ihrer Kleidung stahl und ihren ganzen Körper mit ruhe durchdrang.
Auf dem Gang waren weitere Augenpaare, erschrocken, belustigend, jedoch alle still, als sie vor einer Tür stehen blieben. Jason neben ihr wirkte angespannt, während Annie nicht wusste, wo ihre plötzliche Ruhe herkam. Hatte sie sich auf der Wiese des Waldes noch gegen die stählernden Hände der Wachen gewehrt, fühlte sie sich in diesem Moment, als würde sie stumm zu ihrer Hinrichtung gebracht werden, ohne Kampf oder Willen. Zwar hörte Annie den Worten um sie herum nicht zu, das Rauschen in ihren Ohren durchdrang kaum etwas, jedoch bemerkte sie, das Jason nicht von ihrer Seite weichen würde. Sie war nicht allein. Er beschützte sie – in dem perplexen Moment wie diesen war es das einzige, was sie instinktiv spürte und ihr Verstand konnte es nicht nachvollziehen. Warum gerade er, aus welchem Grund, in sekundenschnelle zählte ihr Kopf jeden einzelnen Grund auf, es nicht zu tun doch etwas, was viel älter war, als ihr Verstand breitete ein beruhigendes Gefühl in ihr aus, dass sie, solange er bei ihr war, ihr nichts passieren konnte. Die Tür wurde geöffnet, beide traten ein – und das Schloss verschloss sich endent.
Es war still.
Stille.
Keiner von beiden atmete.
Vor ihnen breitete sich ein kleines, schlichtes Zimmer aus, mit einem Bett, einer Kommode, einem Schreibtisch und einem Stuhl. Es wirkte nicht bewohnt. Als hätte jemals irgendwer in ihm gelebt. Doch all das war egal. Langsamen Schrittes ging sie auf das Fenster zu, was einen weiten Blick auf die grüne des Waldes lief und kaum hatte sie sanft ihre Finger an die glanzpolierte Scheibe gelegt, zog sie ihre Hand vorsichtig wieder zurück. Mehrere Stockwerke tief, exakt dort, wo ihr Fenster war, standen zwei Männer, mit starrem Blick in den Wald. Gefangen wie ein Tier blickte sie die fluchtlosen Wände hinauf, tiefruhig, ihr Herz schlug nicht schneller, als an jedem anderen Tag. Annie spürte den Puls in ihren Gliedern nicht.
Es dauerte einige Wimpernschläge, bis Anne sich so weit gesammelt hatte, dass sie sich umdrehte und in tiefschwarze Augen sah.
„Jason?“ fragte sie ruhig und biss sich konzentriert auf die Lippe. Ihr Blick wechselte von rechts zu links. „Ich hätte das hier nicht sehen sollen, nicht wahr? Das hier . . . ist nicht . . . normal.“ bei diesem Worte grinste sie leicht auf, doch es erreichte ihre Augen nicht. Tief atmete sie ein und aus – und als sie dieses Mal ihre Stimme erhebte, war sie fester, drängender.
„Du musst es mir erklären. Dieses Mal musst du es mir erklären! Nicht nur das, was ich wissen muss oder was du glaubst, was ich gerade vertrage. Alles! Ich . . .“ Anne hob ihre Hände und stockte mitten im Satz, während sie erneut die Wände hinauf blickte. Die Gewissheit, eingesperrt zu sein, wurde immer deutlicher.
„ich hab nicht viel verstanden. Ich verstehe gerade nichts! Das einzige, was ich weiß, ist, dass ich dort draußen gerade beinahe hingerichtet worden wäre und du dafür gesorgt hast, dass es nicht passiert! Du . . . du hast dafür gesorgt, dass ich nicht sterbe und das sorgt nicht gerade für Antworten in meinem Kopf, ich . . .“ leise schlich sich die Verzweiflung in ihre Venen – sie biss die Zähne aufeinander, sie wollte nicht schreien.
„Warum sollte ich dir vertrauen?! Warum gerade dir?`Geb mir einen Grund, einen guten Grund, warum ich auf irgendetwas hören sollte, was du sagst?“ schrie sie ihn beinahe an, in all der Wut, die sie empfand, ihn nicht hassen zu können, auf all das Vertrauen, was ihr Ich ihm schenkte und ihr Kopf nicht verstand. „Du bist der Freund meiner besten Freundin – die seid Tagen verschwunden ist! Habt ihr sie getötet oder . . . seziert oder was zum Teufel ihr auch immer hier drin macht, ich wil es nicht wissen. . .“
Sie hatte ihren Blick erregt durch den Raum geworfen, jede Sekunde an einen anderen Punkt. Genauso unklar, wie ihre Worte, hatte sie versucht, nicht durchzudrehen, versucht, aufzuwachen. Doch das hier war kein Traum nein, noch nicht einmal ein Albtraum. Mit jeder Sekunde wurde sie Situation, in der sie sich befand, realer, mit jedem Moment wurde ihr klarer, dass sie gefangen war in einem riesigen Gebäude, gemeinsam mit Wölfen, die menschlich auf die umlingenden Menschen blickten, mit Männern mit roten Augen – mit unzähligen Personen, die sie töten wollten, aus einem Grund, den sie nicht verstand.
Als ihr Blick sich hob war Jason näher, als sie es erwartet hatte. Eisern machte sie einen Schritt auf ihn zu, versuchte, ihn von sich zu stoßen, doch er bewegte sich keinen Millimeter. Das einzige, was Annes Hände erreichte, war die unglaubliche, unnatürliche Wärme, die aus jeder Pore seines Körpers zu strahlen schien. Ihr Herz, welches angefangen hatte, in ihrer Brust zu poltern, beruhigte sich und auf einmal war jede Frage, die sie zuvor gestellt bekommen hatte, egal. Jason hatte sie reden lassen, hatte gewartet, darauf, dass sie die wichtigste Frage fand. Er hätte nie erwartet, dass sie sie fand, ihren Wert für die Unruhe in ihrem Körper – das letzte, was sie wissen musste, um sich auf den Boden zu legen und zusammenzubrechen. Ihr ganzer Körper fuhr sich hinunter, bereit, alles, was er sagen würde, in sich aufzunehmen, bevor sie verrückt wurde.
Nicht einmal hatte Annie dabei den Druck gegen seine Brust verringert, weiterhin drückte sie gegen sie, doch nicht, um ihn von sich zu stoßen, sondern um zu verstehen, was diese kleine Geste bedeutete. Kurz sah sie ihm in die Augen und ihr war klar, dass er auf ihre Worte wartete, darauf, dass sie verstand und dass er wusste, dass er nicht fortgehen sollte. Und während ihr Verstand sich werte, ihr verbat, zu denken, was sie dachte, zu fragen, was sie fragen wollte, sie für lächerlich und unmöglich hielt, legte etwas mächtigeres, etwas, was die Überhand über Annies betäubten Körper hatte, die flüsternde Frage auf ihre Zunge.
„Jason . . . was bist du?“


zuletzt bearbeitet 08.10.2013 01:00 | nach oben springen

#3

RE: Zimmer von Annie

in Mädchen 13.11.2013 21:20
von Jason Kingston • 29 Beiträge

Jason wusste nicht so recht was er machen oder sagen sollte. Den ganze Weg bis hier her, bis zu ihrem Zimmer... ihrem neuen zu Hause hatte er nachgedacht. Darüber nachgedacht was er sagen sollte und wie er ihr alles erklären sollte. Wie er ihr das alles hier begreiflich machen sollte. Die Schule... die roten Augen die immer mal wieder zwischen den Schülern die sie beobachteten auftauchten und was er war. Während ihm die Gänge und die Schule, die er jeden Tag besuchte so fremd vorkam, schwirrten ihm lauter Gedanken durch den Kopf. Was er tun und sagen würde. Ob er ihr erklären sollte was zwischen ihm und ihr war? Nein das würde er nicht... das konnte er einfach nicht. Kurz schloss Jason die Augen und versuchte alle Geräusche um ihn herum zu vergessen. In diesem Moment bedankte er sich sicher nicht für sein besseres Gehör. Jasons Hand ruhte bis zu der Tür die Annies Zimmer kennzeichnete an ihrem Arm. Aber nicht wie die Wachen die sie grob und unsanft fest gehalten hatten, nein seine Hand lag nur an ihrem Arm. Er wollte ihr Sicherheit geben und ihr zeigen das er sie nicht alleine lassen würde auch wenn er sich sicher war das sie ihm nicht vertraute... doch er nahm es ihr definitiv nicht übel. Er würde sich in dieser Situation auch nicht wirklich trauen. Schließlich war er Schuld daran das sie hier war, und dafür würde Jason sich am liebsten gerade selbst schlagen. Als Jason die Augen wieder öffnete waren sie fast da. Immer wieder schielte er kurz zu Annie rüber, doch nur ganz kurz um sich zu versichern das es ihr gut ging. Er hatte unglaubliche Angst. Nicht um ihn oder das sie jemandem von alle dem erzählen könnte, nein nur um sie. Doch so sicher wie ihm seine Angst war, wusste er das sie nicht sterben würde! Sie durfte nicht und würde nicht... das würde er niemals zulassen.
Als Jason wieder zu Annie sah, war es nicht für ein paar Sekunden sondern etwas länger. Er war fasziniert von ihr. Wie sie alles hinnahm und mit gehobenen Kopf und mit stählernem Blick neben ihm durch die Gänge ging. Sie war tapfer und mutig genug um das zu überstehen und sie ließ Hoffnung in ihm aufsteigen. Hoffnung die ihm sagte das alles gut werden würde und ihn versuchte zu beruhigen und zu besänftigen. Doch es reichte nicht um seine Anspannung und seine Wut zu vertreiben. Es reichte lediglich für einen sanften und beruhigenden Blick der Annie galt bevor er sich den Wachen zu wand. Denn Rest der Schülerschaft die sich als gespanntes Publikum im ganzen Internat verteilt hatten, hatte er komplett ausgeblendet. Nach ein paar kurzen Worten mit dem Ratsmitglied das denn beiden nicht von der Seite gewichen war, betraten die beiden Annies Zimmer. Und plötzlich waren sie alleine. Wären sie nicht in dieser Situation, würde ihm der Gedanke gefallen in Ruhe mit ihr reden zu können doch nicht jetzt. Jetzt würde er sich am liebsten nur auf den Stuhl setzten der an dem Schreibtisch in der Ecke stand und sie die ganze Nacht beschützen. Ihr beim schlafen zusehen und beim nachdenken doch ihr nicht alles erklären müssen. Er wollte ihr nicht sagen was jetzt passieren würde. Niemals hätte er das jemandem gewünscht und erst recht nicht ihr, doch er musste reden. Doch es kam nichts aus seinem Mund. Das Rascheln des Schlüssels der sich im Schloss umgedreht hatte, war das letzte Geräusch gewesen und auch von draußen konnte er kein Geräusch hören. Weder Schritte, noch Schüler die sich unterhielten. Es war fast so als wäre die Zeit in dem ganzen Internat stehen geblieben.
Er schwieg. . . und auch sie schwieg.
Die beiden atmeten nicht einmal und es kam Jason fast so vor als würde das ganze Internat darauf warten das einer der beiden das Schweigen brechen und die beiden endlich mit einander reden würden. Während er weiter nach dachte wie er ihr alles beichten und beibringen sollte, ließ er sie keine Sekunde aus den Augen und beobachtete jeder ihrer Bewegungen genau. Sie sah ihn nicht an, sondern sah sie in dem Zimmer um das von heute an ihr gehören würde und ihr neues zu Hause darstellen sollte. Es war seiner Meinung nach viel zu klein. Sein Zimmer war nicht größer doch das spielte keine Rolle, sie sollte es gut hier haben, wenn sie schon hier sein musste. Auch er sah sich kurz in dem Zimmer um, dass seinem und jedem anderen hier im Internat so ähnelte. Seit sie das Zimmer betreten hatten, hatte sich Jason nicht bewegt, nur seine Augen folgten Annies Bewegungen auf Schritt und Tritt. Als sie zum Fenster ging, spannte er sich leicht an. Er wusste nicht ob es eine gute Idee war das sie aus diesem Fenster sah, dass direkt die Wiese vor dem Internat zeigte, an dem sich das Schauspiel von gerade eben abgespielt hatte. Als sie einige Sekunden aus dem Fenster sah, ging er einen Schritt auf sie zu doch nicht weiter. Annie schien wie in Starre zu sein. Sie sagte kein Wort, war blass und benahm sich nach Jasons Meinung viel zu ruhig. Er konnte sich noch genau daran erinnern wie sie ihn vor ein paar Tagen an der Bushaltestelle angeschrien hatte. Wie sie ihm gedroht hatte obwohl sie doch so viel kleiner war als er. Sie hatte sich nicht verbieten lassen und von keinem etwas sagen und gefallen lassen. Und jetzt? Stand sie in einem ihr viel zu fremden Zimmer, sagte kein Wort und Jason machte sich mit jeder Sekunde mehr sorgen. Ihm wäre es um einiges Lieber wenn sie ihn anschreien würde oder Fragen stellte würde, doch sie sagte noch immer nichts. Nach weiteren Sekunden in denen sie nur aus dem Fenster sah und Jason nicht wusste was er sagen sollte, drehte sie sich endlich zu ihm um und sah ihm direkt in die Augen.
Er erwiderte ihren Blick und schloss kurz die Augen als sie anfing zusprechen. Er wusste schon jetzt das es nicht leicht werden würde ihr das alles zu erklären und beizubringen, doch er musste. „Annie...“ fing er an doch wollten keine weiteren Worte aus seinem Mund kommen. Er presste seine Lippen zusammen und schüttelte den Kopf. Nein hier war überhaupt gar nichts normal! „Nein. Du hättest das hier nicht sehen sollen. Keiner sollte das hier sehen der nicht ein Teil von dem allem hier ist. Und trotzdem bist du mir gefolgt...“ erwiderte Jason auf ihre Worte und wurde dabei etwas leiser gegen ende. Egal wie leise er sprechen würde, er wusste das ihn noch immer genug im Internat hören konnten und das nervte ihn noch mehr als alles andere. Doch er versuchte seine Wut bei Seite zu schieben und einfach nur die richtigen Worte zu finden. Ihr Grinsen ließ ihn leicht die Stirn runzeln und er sah sie besorgt an. Als Annie jedoch weiter sprach, seufzte Jason lautlos und er biss die Zähne zusammen. Er wusste das sie recht hatte, doch genau das wollte er nicht. Die Verzweiflung in ihrer Stimme konnte er beinahe mit Hände greifen, was ihn selbst zur Verzweiflung brachte. „Psst... beruhige dich Annie“ sagte ich und ging einen Schritt auf sie zu. Langsam und vorsichtig um zu sehen ob sie ihn an sich ran lassen würde. „Ich werde dir alles sagen okay? Und mach dir keine Sorgen es wird schon alles gut werden“ sprach er weiter und versuchte sie zu beruhigen. Er hasste es sie so zu sehen und nichts daran ändern zu können. Sie würde so viel erfahren wie er es für nötig hielt.
„Annie... beruhigt dich bitte. Hier drin kann dir nichts passieren. Erst recht nicht so lange ich auch hier bin. Ich werde dir alles erklären und sagen und dann wirst du verstehen was hier los ist... was da draußen gerade passiert ist“ sagte Jason in normalem Ton und sah sie weiter an. Sie wurde lauter, und die Annie von vor ein paar Tagen trat wieder nach vorne. Dann hob er leicht seine Augenbrauen. „Ich soll dir einen Grund geben, warum du mir vertrauen sollst?“ fragte er ungläubig nach. Das gerade eben war ja wohl Grund genug. „Weil ich dich gerade vor dem Tod beschützt habe. Dir verspreche dir alles zu erklären und dich vor allem was dir vorhin gedroht hat gerettet habe... naja nicht vor allem doch vor allem was ich verhindern konnte. Glaub mir Annie... ich bin die einige Person der du hier vertrauen kannst“ erwiderte er auf ihre Frage und sah ihr in die Augen. Was sollte er denn noch machen um ihr Vertrauen zu gewinnen? Und Jenna... was sollte er ihr sagen? Er machte sich natürlich Sorgen um sie doch er konnte ihr genau so wenig sagen wo Jenna war. „Ich weiß es nicht Annie. Ich wünschte ich wüsste es und könnte es dir sagen. Ich mache mir auch Sorgen um sie... Aber deine Lage ist im Moment um einiges wichtiger. So leid es mir tut das ich es nicht weiß doch ich kann es nicht ändern und ich bin gerade damit beschäftigt mich um dich zu kümmern. Und sie ist nicht hier... wenn sie es wäre, würde ich es wissen“ sagte er und wurde ein klein bisschen lauter. Er konnte ihr nicht erklären warum sie wichtiger war, sie musste es einfach so hinnehmen. Bei seinen letzten Worten, wurde er wieder etwas leiser und sah ihr weiter in die Augen.
Als Annie sich abermals im Raum umsah, verzweifelt, fast schon panisch ging Jason den letzten Schritt der zwischen den beiden lag auf sie zu und legte seine Hände auf ihre Arme. „Hey... schau mich an Annie“ sagte er leise und beruhigend. „Sie werden dir nichts tun... das können sie nicht. Ich werde dafür sorgen und auf dich aufpassen. Bitte... ich will dir helfen und dir nichts böses“ sprach er dann sanft auf sie ein und hoffte das es half. Als sie ihn jedoch versuchte wegzustoßen, schluckte er und ließ seine Hände sinken. Er bewegte sich nicht vom Fleck doch wie es aussah wollte sie ihn noch immer nicht in ihrer Nähe also ließ er sie. Als sei schwieg, tat er es ihr gleich. Es schwieg, genau wie sie und plötzlich war er wie vorhin als sie den Raum zum ersten mal betreten hatten. Jason sah in Annies Augen und ließ sie. Ließ sie nachdenken. Ließ sie das ganze erst einmal verarbeiten und sich wieder fangen. Ihre Hand auf seiner Brust fühlte sie so warm für ihn an, obwohl sie kälter war als seine Brust. Ihre Berührung war es die ihn von innen wärmte. Die die Wut und Verzweiflung die er in sich trug weg wehte.
In der Hoffnung sie würde ihn nicht einfach weg schicken, sah er ihr in die Augen und wartete das sie etwas sagte. Etwas was seine Wunden heilen würde... egal was sie sagen würde, er wäre mit allem zufrieden so lange sie ihn nicht einfach weg schicken würde. Kurz sah Jason auf Annies Hand runter die sie gegen seine Brust drückte und dann wieder in ihre Augen. Als sie diese eine Frage aussprach, wusste Jason nicht was er sagen sollte. Er würde ihr auf alles antworten was sie wissen wollen würde doch nicht auf das. Diese Frage war so absurd aus ihrem Mund. Er hörte diese Frage nie... von keinem. Weder im Internat noch in seinem 'normalen' Leben. Jason sah Annie an und schluckte. Was sollte er sagen? Er konnte es nicht aussprechen. „Ich...“ fing er an und brach dann wieder ab. „Annie... das ist nicht so leicht“ versuchte er es wieder und fuhr mit beiden Händen durch sein Haar. „Ich bin nicht das was du dachtest... was alle dachten. Jenna oder du oder der Rest der Stadt. Ich bin ein... ein... Werwolf“ sagte er dann letztendlich und sprach das letzte Wort in seinem Satz leise aus.


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#4

RE: Zimmer von Annie

in Mädchen 13.11.2013 22:52
von Eleonor Brisbane • 129 Beiträge

Sie spürte den Wind an ihrer Nasenspitze, als Jason die letzte Seite umblätterte und die ersten Worte unlöschbar auf die erste Seite ihres neues Kapitels schrieb. Es war keine ganze Sekunde vergangen und doch war Elis Verzweiflung, der Nebel um sie herum, verschwunden und auch, wenn nichts in ihren Gedanken die richtigen Antworten gefunden hatte, ließ sie seinen Blick nicht los, so ängstlich und vorsichtig, wie er war, hielt sie ihn fest, während sie eine Sekunde brauchte, um sich von allem zu verabschieden, was er ihr mit diesen Worten genommen hatte und alles weitere zu akzeptieren, was er ihr damit vor die Füße bettete.
Sie war kein Mensch mehr. Sie würde nie wieder ihre Schule sehen und vor der Klasse warten, das letzte Mal ihre Spanisch Vokabeln durchgehen, einen Zettel in ihrem Schließfach finden, während des Basketballspieles neben ihren Freunden lesen, in der Schlange der Cafeteria stehen, sich die Kapuze über den Kopf ziehen, wenn der Platz in der Aula nicht ausreichte und die Tore für die restlichen Schüler öffneten, um den Regen auf den dünnen Stoff fallen zu lassen.
Sie war kein Mensch mehr, und doch war das menschliche das, was sie von nun an als Gefahr betrachten musste. Wenn es stimmte, was er sagte . . . da es stimmte, was er sagte, war sie alleine nicht mehr sicher, wenn jemand ihr etwas tun wollte.
Es reichte nicht mehr, sich unter den Tischen zu verkriechen, wenn jemand einen Papierball warf, ab sofort war alles und jeder eine Bedrohung. Und sie war die für jeden erreichbare Zielscheibe. Alles andere würde Jasons Sorgen nicht erklären, die er versuchte, zu verbergen, die Eli jedoch aus seinen dunklen Augen lesen konnte.
Sie hatte kein Zuhause mehr. Sie würde nie wieder unter ihrer Bettdecke aufwachen, verkrochen wie in einer Höhle, sie würde nie wieder auf dem hölzernen Boden, um sie herum alle Arten von Kissen, lernen, sie würde nie wieder eines ihrer Bücher oder eine von Jennas Schallplatten suchen, würde nie wieder in der Küche etwas anbrennen lassen, würde nie wieder den Fernseher leiser stellen oder auf der letzten Stufe vor dem Haus zu ihrem Apartment ausrutschen.
Stattdessen war sie nun hier, in einem kahlen Zimmer, vor dem Fenster den weiten, unendlichen Wald, der Geruch von unbenutzten Möbeln und tausende Ohren vor der Tür, die sich schloss und nicht öffnen ließ, wann sie es wollte.
Sie hatte ihre Familie verloren. Jetzt gerade saß ihr Vater zu Hause und wartete darauf, dass Eli anrufen würde, und ihm sagte, dass sie abheben würden.
Er machte sich immer Sorgen, immer und überall, egal, was sie tat, auch, wenn er es nie zugeben würde. Währenddessen war sie sich sicher, dass er über einem Zeichenblock saß, die Arbeit erledigte, für die er am nächsten Tag genug Zeit hätte und schließlich in einem Haufen lauter aufgemalter Häuser aufwachen würde. Er war so verliebt in seinen Beruf.
Gleichzeitig konnte sie riechen, dass ihr Großvater in der Küche kochte, er schmiss einfach alles in einen großen Topf und ließ es den halben Tag lang schmorren und wäre Eli an dem Abend gelandet, hätte er ihr wieder gesagt, dass sie ihm Krieg darüber froh gewesen wären, so viel zu haben, und würde ihren Teller wieder füllen. Sie würde nie wieder in dem kleinen Holzhaus ihres Großvaters auf Long Island sitzen und mit ihm Kreuzworträtsel lösen oder spazieren gehen oder sich von ihm Geschichten anhören können.
Diese Eleonor war gestorben, in dem Moment, in dem Jason ihr offenbart hatte, was er war und leise verabschiedete sie sich von ihrem Leben, was sie geliebt hatte, und was nun für immer verloren war.
Vor einigen Momenten hatte sie ihn darum gebeten, ihm Gründe, einen guten Grund zu nennen, ihm zu vertrauen. Eine Rechtfertigung für das offene Wissen, dass er an ihrer Seite war, etwas, was nicht kitschig oder dumm, verrückt oder wie aus einem Buch gestohlen klang. Sie hatte verlangt, dass er ihr etwas wahres und logisches sagte, was vielleicht bedeutete, dass Eli verrückt war, doch einen Weg zeigte, aus dem Labyrinth, was er jeden Moment, in dem sie in seine schwarzen Augen sah, in ihrem Kopf anrichtete. Aber wenn es Werwölfe gab, wenn es Menschen, die keine Menschen sein konnten, mit roten Augen und purer weißer Haut gab und Lichter, die Schüler aus ihren Händen warfen und Dinge, die sich mit einem einzigen Spruch ändern konnten, gab, wenn es real war und kein Traum und er vor ihr stand, ihr Sicherheit und Raum zum Atmen gab, war es verrückt, zu glauben, dass es wahr war? Wenn alle Geschichten war waren, wie konnte Eli es dann wagen zu bezweifeln, dass es Menschen gab, Personen, die menschlich waren, die einfach auf einander treffen sollten. Wenn es Schicksal war, dass er sie rettete, aus irrationalen Gründen, und es ihr Schicksal war, ihn irgendwann auf die selbe Art zu retten, wie konnte sie das Schicksal neben einem Werwolf verneinen? Und mit einem Mal war der Druck, den sie auf seine Brust ausübete, verschwunden und Eli spürte nichts weiter, als die Wärme, die er ausstrahlte, an einem kalten Ort, wie Eis.
Wenn sie ihm nun nicht vertraute, ihn von sich stoß, war sie dann nicht schon tot? War es nicht egal, ob sie ihm vertraute, und er sie hintergang um dann zu sterben, als es direkt zu tun?
Eine Sekunde, keinen Moment länger, hatte Eli für diese Erkenntnisse gebraucht. Langsam ließ das junge Mädchen die Hände von seiner Brust fallen. Sie nickte.
„ . . . okay“ flüsterte sie lautlos und räusperte sich kurz. Sie hatte keine Ahnung, was ihre Stimme davon abhielt, sich zu öffnen, als sie erneut an die unzähligen Ohren dachte, die vor der Tür standen und darauf warteten, dass sie aussprach, was alle hören wollten. Eli erinnerte sich wieder an den Kinobesuch mit Jenna und die Worte ihrer zwölfjährigen besten Freundin schwebten um sie herum.
Du darfst nicht schreien . . . darauf wartet er doch.
Du musst ihn überraschen.

Also drehte sie sich um, stellte sich auf den Tisch und streckte ihre Hand nach dem Griff an dem Fenster aus. Weiter unten blickten die Wachen auf, gingen in Kampfstellung, bereit, Eli zu packen, sollte sie etwas tun, was nicht in ihrem Denken lag. Einen Moment blieb sie stehen, starrte den Wachen zurück und ließ sie in ihren Gedanken verweilen, bevor sie das Fenster aufkippte und nichts weiter raus oder hinein ließ, als Luft.
Nun schienen die Wachen nicht mehr erschrocken, sondern wütend, doch das war ihr egal. In Chucks, Jeans und Regenjacke, so schwach und klein, wie sie in dieser Welt nur sein konnte, stand sie dort und spielte mit den Nerven der Wachen, die sie nur um wenige Stockwerke trennten. Hatten sie geglaubt, sie würde sich aus dem Fenster stützen? Das Glas aufbrechen oder etwas hinauswerfen? Vor der Tür hörte sie leises Gemurmel und das bestätigte ihre Annahme nur noch weiter. Diese Wände hatten Ohren.
Kurz wanderte ihr Blick zur Tür, bevor sie sich vollkommen umdrehte und sich im Schneidersitz auf den Tisch sinken ließ. Noch eine Weile verweilte ihr Blick auf der Tür, bevor sie langsam und mit einem leisen Seufzen wieder zu Jason blickte.
Sie konnte seinen Blick nicht deuten, doch das war in diesem Moment auch egal.
Eine gefühlte Ewigkeit sah sie in seine dunklen Augen, erkannte kleine, braune Flecken in ihnen, suchte seine Iris in dem dunkel seines Blickes und die Wimpern, die sie umramten, bevor sie . . . los ließ.
„Dann fang an. Erzähl mir alles, was ich wissen muss und alles, was du mir sagen muss. Ich werde dir zuhören.“


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